Tag 5 28.07.2022 36,1km Ontón

Veröffentlicht am 28. Juli 2022 um 22:19

Von:   Bilbao 

Nach: Ontón

Wie viel: 36,1km

Gesamt: 190,9km

Unterkunft: Herberge Tu Camino 

Kosten Unterkunft: 10€

Wetter: überwiegend sonnig, angenehm warm

Hier bin ich.

Heutige Strecke.

Gestern erreichte ich Bilbao. Bilbao ist schön. Ich blieb eine Nacht in Bilbao. Am nächsten Tag verließ ich Bilbao und sagte leise "Servus Bilbao".

Der geneigte Leser wird es bemerkt haben. Ich schreibe wirr.

Tja, das ist mein Reiseblog, da schreib ich was ich will. 😋

Und man bedenke, ich bin seit fast einer Woche den ganzen Tag alleine zu Fuß unterwegs. Meine Gedanken schweben mal zu diesem Thema, mal zu jenem, sie kreisen hierhin und dorthin, nach oben und nach unten. Da kommt nicht immer Rationales raus. Ganz im Gegenteil, da ist sogar sehr viel Unsinn dabei. Das Bilbao -Zeugs ist da noch das Harmloseste.

 

Dies war die erste Unterkunft, bei der der Schlafsack in der Hülle bleiben konnte, es gab richtige Bettwäsche. Laken, Kopfkissenbezug und auch einen Bezug für die bereitliegende Decke.

Dafür hatten wir in der Nacht einen Schnarcher. Gegen 1 Uhr wurde ich wach wegen anhaltendender Baumsägearbeiten. Ein paar andere waren schon wach und versuchten, dem Schnarcher das Schnarchen zu vermiesen. Durch lautes Räuspern, durch Schnalzgeräusche mit der Zunge und durch Schläge gegen sein Bett. Geholfen hat nichts davon oder vielleicht ja doch irgendwann, ich schlief in der Zwischenzeit schon wieder, dank Oropax.

Bevor ich um 7 Uhr aufbrach, machte ich mir in der Gemeinschaftsküche einen Instant-Kaffee. Aber ohne Milch war der ungenießbar, Pfui Deibel, scheußliches Zeug.

Also, dann marschierte ich mal wieder ohne Frühstück los. Bilbao lag noch zum größten Teil vor mir, da würde sich schon was finden. Erst mal ein paar Bilbao am Morgen Fotos.

Irgendwann fand sich dann auch so eine Art Bistro. Ich machte im Grunde nichts anderes als gestern, ich bestellte Kaffee und Süßgebäck. War natürlich schon gut, aber bei weitem nicht mehr so wie gestern. Wie das halt so ist, auch Weihnachten kann man nicht jeden Tag feiern.

Gegen Mittag erreichte ich Portugalete und näherte mich dieser Kirche.

Hier die Vorderseite mit dem Eingang.

Die Gittertore waren noch geschlossen, ich war schon am Weitergehen, da kommt mir ein älterer Mann (vermutlich der Küster) entgegen und gibt mir mit Gesten zu verstehen, daß er mir aufsperren könnte. Ich will sagen "Muss nicht sein", aber mangels Spanischkenntnissen wird daraus nur ein No und beschwichtigende Handbewegungen. Als er aber auch noch eine Stempelgeste macht, denke ich mir "Na gut, den nehm ich mit" und sage Si, Si.

Und so öffnet er dieTore und die Kirchentür und führt mich durch die im Halbdunkeln liegende Kirche 

zu einer Seitennische und stempelt meinen Pass. Die beiden Stempel rechts Mitte und unten.

Anschließend schlägt er die erste Seite des Passes auf, deutet auf meinen Namen und sieht mich fragend an: "Martin?".

Ich nicke.

Er deutet auf sich und sagt: "Carlos".

Im nächsten Moment ergreift er meine Hand, schüttelt sie und sagt: "Buen Camino, Martin, Buen Camino". 

Ich war so gerührt, ich konnte nur noch ein Gracias stammeln. Beim Verlassen der Kirche kommen mir fast die Tränen.

Bisher hatte der Name Carlos einen negativen Beigeschmack (der Terrorist), ab jetzt denke ich dabei an jenen Küster der Basilika Santa Maria de Portugalete.

Vielleicht mag sich diese Geschichte für einen Außenstehenden unbedeutend, banal oder sogar lächerlich anhören und selbst ich denke jetzt, wie ich diese Zeilen schreibe "Na, hast du da nicht übertrieben reagiert", aber in dem Moment hab ich es so empfunden und deshalb bleibt das jetzt genauso stehen. 😄

Jetzt aber weiter. Seit dem ersten Tag weisen mir gelbe Pfeile den Weg. Meist klappt das auch gut, aber gelegentlich frage ich mich, was soll das jetzt bedeuten. Zum Beispiel dies. Geradeaus oder links?

Ein paar Kilometer weiter. Und nun? Geradeaus? Rechts? Links?

Da lob ich mir ein Smartphone mit GPS. Damit sind Unklarheiten sofort beseitigt.

Es folgt eine typische Raststation (Hauptsache Schatten).

Und mein Standardessen.

Bei La Arena traf ich nach 2 Tagen wieder auf's Meer. Die letzten Kilometer bis zum Tagesziel waren grandios.

Nicht alle schlafen in einem Bett. Es ist alles dabei.

Zelt.

Hängematte.

Boden.

Buen Camino.